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Die Schweiz: Eine digitale Demokratie?

Lesedauer: 3 Minuten

Thema: Digitalisierung

Autorin: Sabine Stoll

 

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Technologien wie Blockchain, Künstliche Intelligenz und Supercomputer verändern gerade die Welt. Und nehmen Einfluss auf alle Bereiche des Lebens. Trifft das auch auf die Politik zu? Wie digital ist die Schweizer Demokratie?

Die Digitalisierung ist nicht nur in aller Munde, sondern Teil unseres Lebens. Mit grossen und kleinen Schritten geht es überall vorwärts. Heisst: in Richtung einer digitalen Gesellschaft. Wie reagiert die Schweizer Politik darauf? Was bedeutet es, wenn Politik digital wird? Genau diese Fragen wirft das Buch von Daniel Graf und Maximilian Stern auf. Die «Agenda für eine digitale Demokratie: Chancen, Gefahren, Szenarien» beleuchtet verschiedenste Themen rund um Fake News, Datenschutz und Populismus im digitalen Zeitalter.

 

Wer auf Fakten steht: das Buch ist 2018 bei NZZ Libro erschienen und hat 207 Seiten. Maximilian Stern ist Politologe und einer der Gründer des Schweizer Think Tanks Foraus. Die Organisation beschäftigt sich mit Aussenpolitik. Ähnlich politisch ist auch die Plattform Staatslabor, die er mitgegründet hat. Daniel Graf ist Historiker und unterstützt als Campaigner politische Organisationen. Zudem ist er Co-Founder der Kampagnenplattform We Collect und des Think Tanks Public Beta, der die Zivilgesellschaft stärken möchte.

Die Digitalisierung des Arbeitsmarkts

Stern und Graf zeigen: die Schweizer Gesellschaft ist in vielen Bereichen bereits gut aufgestellt. Wirtschaft und Arbeitswelt digitalisieren sich immer weiter. Dabei haben es KMU schwerer als grössere Unternehmen. Mit der Digitalisierung ändert sich auch der Arbeitsmarkt: qualifizierte Arbeitskräfte sind gefragter denn je, Geringqualifizierte machen nur noch 15 Prozent der Erwerbstätigen aus. Wie weit die Digitalisierung fortgeschritten ist, ist branchenabhängig: im Sozialwesen tut sich wenig, im Bereich Land- und Forstwirtschaft dafür umso mehr.

 

Die Digitalisierung macht die Menschen ausserdem flexibler. Was erst einmal gut tönt, hat natürlich seine Schattenseiten. Die Zahl der Pendler_innen steigt seit 1990, ebenso der Anteil der Freelancer. 

 

Aktuell nimmt die Schweizer Politik sich der Herausforderungen des digitalen Wandels nur zögerlich an, finden die beiden Autoren. Der Themenkomplex Digitalisierung ist schwer überschaubar und schwieriger zu vermitteln (und politisch zu nutzen) als die Einwanderung oder die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Trotz Populismus und der Neuen Rechten: die schleichende Digitalisierung kommt, und die Politiker_innen werden zwangsläufig damit konfrontiert. 

Demokratie 4.0 in der Schweiz

Die Digitalisierung lässt sich kaum noch aufhalten. Dies hat Einfluss auf die Politik, aber auch die Gesellschaft selbst. Denn wenn Politik digital wird, hat das unterschiedliche Auswirkungen auf die Bevölkerung. Menschen, die gut mit digitalen Medien umgehen können und eine hohe Technologiekompetenz besitzen, profitieren stärker. Mehr noch als die klassischen Trennlinien in der Schweiz wirkt das Internet: für Offliner wird es zunehmend schwieriger, sich im Alltag zu bewegen oder gesellschaftlich zu engagieren.

 

Digital-demokratische Angebote wie Crowdsourcing oder E-Voting sehen die meisten Schweizer_innen eher skeptisch. Und aktuell hat der Siegeszug des Internets weder die politische Partizipation deutlich erhöht, noch bestehende Gräben durch eine Segmentierung vertieft. Politische Kommunikationswege verändern sich, und langfristig haben Menschen mit hohem Technologiewissen Vorteile. Denn ihnen fällt es leichter, sich online zu bewegen, zu engagieren und politisch aktiv zu werden.

Politik geht nicht ohne digitale Bürokratie

Eine Demokratie braucht Verwaltungen und Bürokratie. Auch diese sind Teil der Digitalisierung. Im Sinne von Big Data können Datenströme aufbereitet und genutzt, verschiedene Akteur_innen besser koordiniert und Dienstleistungen einfacher zur Verfügung gestellt werden. Auskünfte oder bestimmte Dokumente gibt es in zahlreichen Gemeinden am digitalen Schalter. Das birgt das Potential, die Arbeit von Behörden schlanker und effizienter zu gestalten.

 

Andererseits muss der Staat etwa darauf reagieren, dass die Bürger_innen Krankenkassen ihre Gesundheitsdaten zur Verfügung stellen, E-Learning weit verbreitet ist und strittige Aufnahmen von Politiker_innen oder Polizeieinsätzen rasant verteilt werden.

Das Buch «Agenda für eine digitale Demokratie» von Daniel Graf und Maximilian Stern beschäftigt sich in zehn Kapiteln mit dem Potential einer digitalen Schweiz.

Die Herausforderungen und Möglichkeiten zur Digitalisierung sind vielfältig: papierlose Büros, elektronische Protokolle, automatisierte Behördenprozesse, agile Projektmethoden und Wlan in öffentlichen Einrichtungen – um nur einige zu nennen. Und es geht noch weiter: einige Länder experimentieren bereits mit Künstlicher Intelligenz, u. a. um die Relevanz von Gesetzesvorlagen einzustufen. Das wirft viele Fragen auf, von der Zuverlässigkeit bis hin zu konkreten Einsatzgebieten solcher Technologien.

Die kollaborative Demokratie

Das Internet ist der ideale Ort für kollaborativen Austausch. Das zeigen Onlineprojekte wie Wikipedia, Moocs oder Kampagnenplattformen. Laut Stern und Graf bleibt die Schweiz in diesem Bereich allerdings weit zurück.

 

Nach einigen Rückschlägen steht das E-Voting kurz vor der flächendeckenden Einführung. Elektronische Abstimmungen werden allerdings (und auch zu Recht, wie ich finde) durchaus kritisch betrachtet. Gerade für die Schweiz stellt sich auch die Frage, inwiefern  Unterschriften digital gesammelt und eingereicht werden können.

 

Diverse Onlineplattformen bilden längst einen Teil der Schweizer Demokratie. Mit Crowdfounding und Crowdsourcing wird schnell Geld für allgemeine oder ehrenamtliche Zwecke gesammelt. Wahlhilfen und andere Plattformen wollen die politische Partizipation anregen. Und auf Social Media wie Facebook oder Twitter wird tagtäglich Politik gemacht: neben Wahl- und Parteienwerbung äussern sich politische Akteur_innen und diskutieren die User. 

Schnell, schneller, Digitalisierung

Die technologische Entwicklung schreitet rasant voran. «Die Dynamik und die Radikalität der technologischen Entwicklung stellt die schweizerische Demokratie auf eine Bewährungsprobe. Sie muss sich unter digitalen Bedingungen neu erfinden und gleichzeitig das fein austarierte System in Balance halten», finden die Autoren.

 

Die Digitalisierung birgt das Potential, den Bürger_innen mehr Entscheidungsmacht und Gestaltungsspielraum zu übertragen – über kollaborative und online stattfindende Prozesse.

Nachlesen

Daniel Graf & Maximiliam Stern: Agenda für eine digitale Demokratie. Chancen, Gefahren, Szenarien. NZZ Libro.

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